Biografie
Biografie
Die Berliner Band Knorkator ist eine schillernde und außergewöhnliche Musikformation, der es gelingt, souverän und verspielt aggressiven Hardcore Metal mit feinsinnigem und klassischem Tonsatz zu verbinden. Die Konzerte sind legendäre, bizarre Wechselbäder aus bunt zusammen gewürfelten Gestaltungen, einerseits leichtfüßigem Tanz zwischen rüdem Gefluche und zarter Poesie, pathetischem Größenwahn und infantilem Blödsinn andererseits. Sänger Stumpen ist gleichsam die Personifizierung dieser Vielfalt. Als großflächig tätowierter Glatzkopf schimpft er lautstark auf sein Publikum ein, um im nächsten Moment mit schwindelerregendem Falsett Arien zu schmettern. Pianist Alf Ator, der sich auch als Komponist und Texter verantwortlich zeichnet, zerschlägt dazu auch gern mal im Takt seine Instrumente oder wirft Schaumgummiorgeln ins Publikum. Gitarrist Buzz Dee treibt mit seiner Figur und seinem Gitarrensound selbstbestimmt und eigenständig den Sound der Band voran.
Knorkator wird 1994 von Stumpen und Alf Ator gegründet. Im Mai 1996 löst Buzz Dee den 1. Gitarristen J. Kirk Thiele ab. Über die Zeit kann Knorkator mit Hilfe verschiedener Musiker ihren Sound perfektionieren. Zunächst erspielt sich die Band ihr Publikum in Berlin und Brandenburg. Mit ihrem Erfolg bei einem Newcomer Wettbewerb werden sie über die Berliner Grenzen bekannt. 1996 tourt Knorkator im Support von Rio Reiser durch Deutschland. 1998 unterschreiben die Musiker bei Rodrigo Gonzalez (Die Ärzte) ihren ersten Plattenvertrag.
Besonderes Medieninteresse bekommt die Band im Jahr 2000, als sie beim Vorentscheid zum Eurovision Song Contest für einen handfesten Skandal sorgen. BILD kommentiert: „Wer ließ diese Irren ins Fernsehen?“ Der Gewinner Stefan Raab ist so begeistert, dass er Ihnen in seiner Sendung den “Goldenen Ehren Raab”, als Auszeichnung für besondere Leistungen überreicht.
2002 findet erneut das Festival “Rock gegen rechte Gewalt” auf dem alten Messegelände in Leipzig statt. Gastgeber Udo Lindenberg hat zahlreiche Künstler und Bands gewinnen können. Neben Knorkator engagieren sich auf diese Art und Weise Ben Becker, Nina Hagen, Ingo Appelt und Die Prinzen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus.
Soziales Engagement zeigt Knorkator unter anderem für die Nordoff Robbins Stiftung Musik hilft. 2003 konnten im Palais am Funkturm zugunsten der Stiftung 23.000 Euro gesammelt werden.
Alf & Stumpen moderieren auf Radio Fritz die Radioshow „Der Fritz Kommunikator“. Außerhalb Berlins bekommt die Band zunächst jedoch wenig Medienecho. Knorkator bedient sich zwar virtuos einer Vielzahl von Images und Stilistiken, kann jedoch keiner Richtung wirklich zugeordnet werden. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als sich ihre Fans in jahrelanger kontinuierlicher Arbeit live zu erspielen. Als Vorgruppe von Marilyn Manson oder der Bloodhound Gang machen sie eine gute Figur. Auch auf internationalen Festivals kann Knorkator trotz deutscher Texte das Publikum überzeugen, so beispielsweise 2005 auf dem französischen Fury in Le Mans, bzw. dem größten europäischen Festival Haltestelle Woodstock im polnischen Küstrin. Im selben Jahr präsentiert die Band ein spezielles Programm im Rahmen des Leipziger Bachfestes. Als Delegierte vertritt Knorkator 2006 erfolgreich den Verband unabhängiger Tonträgerunternehmen und Musikproduzenten im kanadischen Toronto während der Canadian Music Week. Dennoch gibt die Band 2008 das Ende ihrer Karriere bekannt und veranstaltet eine Abschiedstour, die wiederum ein unerwartetes Medienecho auslöst. Bisher weitgehend von Presse, Radio und Fernsehen ignoriert, häufen sich nun traurige Nachrufe und respektvolle Verbeugungen von Künstlern und Kritikern. Es ist die Rede von „einem riesigen Loch in der deutschen Musiklandschaft, dass niemand mehr füllen kann…“
In den folgenden Jahren konzentrieren sich Stumpen, Buzz Dee und Alf Ator auf eigene, kleinere Projekte, aber der Gedanke an einen Neuanfang macht schon wenige Monate nach der Abschiedstour die Runde. Nach und nach entstehen neue Songs, bis Knorkator im April 2011 beschließen, mit Aufhören aufzuhören. Unterstützt durch Nicolaj Gogow und ihrem neuen Bassisten Rajko Gohlke veröffentlicht die Band im September 2011 ihr Album „Es werde Nicht“. Der ungehobelte Trash-Sound der frühen Alben ist mittlerweile einem druckvolleren, ausgereifteren Bandsound gewichen, ohne jedoch das anarchistische Grundkonzept zu verwässern. Diese Entwicklung hat positive Wirkung, Fans und Kritiker freuen sich, die darauffolgende Tour ist ausverkauft. Es kommen auch immer mehr junge Fans zu den Konzerten, zum Teil sind es die Kinder und Enkel der Fans aus den Anfangstagen. 2012 weitet die Band ihren Einflussbereich auf Russland und Südafrika aus. Außerdem veranstaltet Knorkator in der Spandauer Zitadelle vor ca. 9.000 Leuten ein großes Spektakel „Knorkator und Freundinnen“, in dem sie sich von ausschließlich weiblichen Musikern unterstützen lasst, sowie 2 Knorkator-Tribute-Bands aus dem Boden stampfen, die ebenfalls nur aus Frauen bestehen.
Anfang 2014 erscheint das 7. Studioalbum „We want Mohr“, auf dem unter anderem vertonte Geschichten aus dem Struwwelpeter zu hören sind. Die umfangreiche Tour endet in Berlin. Das Tourfinale wird mitgeschnitten und 2015 auf der DVD „Knorkatourette“ veröffentlicht.
2016 erscheint das 8. Studioalbum „Ich bin der Boss“. Während die Band bisher zwar auch immer die großen Fragen der Menschheit und des Lebens thematisierte (wenn auch zumeist in überhöhter und sarkastischer Form) lassen sich nun erstmals Tendenzen zur Reflexion des aktuellen Zeitgeschehens erkennen. Einen Gastauftritt hat unter anderem der beliebte Schauspieler und Sänger Axel Prahl. Und mit dem Song „Zähneputzen, Pullern, ab in’s Bett!“ kann der Altersdurchschnitt der Fans drastisch nach unten erweitert werden. Die Tour zum Album dauert bis tief ins nächste Jahr hinein, die Publikumszahlen sind erneut gestiegen, frohen Mutes beginnt das Songwriting für das nächste Album.
Mit „Widerstand ist zwecklos“ (2019) bewegt sich die Band konsequent weiter in die Richtung, die beim Vorgängeralbum eingeschlagen wurde: Frecher, unterhaltsamer Nonsens, aktuelle Problematiken und zeitlose philosophische Betrachtungen kommen nun nicht mehr getrennt voneinander daher, sondern verschmelzen zu einem homogenen, schlüssigen Gesamtstatement. Nach nunmehr 25 Jahren Bandgeschichte ist das Medienecho fast durchweg positiv, und Songs wie „Rette sich wer kann“, „Revolution“ oder „Ein Wunsch“ werden bei der darauffolgenden Tour zu neuen Publikumslieblingen. Doch dann kommt Covid-19, und auch Knorkator ist gezwungen, ausverkaufte Konzerte abzusagen bzw. auf unbestimmte Zeit zu verschieben.
Nichtsdestotrotz entstehen neue Songs, und nachdem die Pandemie beendet war erscheint 2022 das 10. Album „Sieg der Vernunft“. Wenn man Knorkator in der Vergangenheit nach politischem Engagement fragte, hielten sie sich eher zurück. Die große Weltpolitik bietet bekanntlich nur sehr kurzlebige Themen. Lieder zu schreiben, die in hundert Jahren niemand mehr versteht, das wollten sie nicht.
Also widmeten sie sich lieber den ewigen grundsätzlichen Fragen über das Sein und das Warum, oder auch ganz banalen Alltagsdingen, die ja oft ebenfalls zeitlos sind. Mittlerweile aber hat die Politik in nie gekannter Weise direkten Einfluss auf den Alltag genommen und auch scheinbar in Stein gemeißelte ethische Grundfragen sind ins Wanken geraten. Vor einem solchen Hintergrund ist plötzlich ALLES Politik. Und während sich fast jeder darüber im Klaren ist, dass die vielen neuen bzw. verschärften Probleme in der Welt eine Veränderung des Denken und Handelns erfordern, klaffen doch riesige Risse zwischen den Ansichten, was verändert werden muss, und was unbedingt erhalten bleiben sollte. Das sind die Themen, die den Ton bei Sieg der Vernunft angeben. Und es geht auch um die Unfähigkeit aller, für die dazu notwendigen Gespräche offen aufeinander zuzugehen. Wer jetzt aber glaubt, der Humor käme dabei zu kurz, der irrt hoffentlich. Alf Ator hat es geschafft all das mit einer entwaffnenden Heiterkeit zu thematisieren, die einfach letztlich auch Spaß machen soll, ohne in die herablassende Überheblichkeit abzudriften, die zurzeit in der politischen Satire den Ton angibt. Also: Sie sind immer noch ganz lieb und böse zugleich und haben eine riesige Freude daran, musikalische Dummheiten zu begehen.
Knorkator spielt zwischen 1996 und 2023 weit über 1.200 Konzerte, 150 Festivals (u.a. Wacken Open Air, With Full Force, Rockharz, Summer Breeze, Woodstock, Highfield Festival, Bizarre) und veröffentlicht 5 Bücher.
Bis 2023 veröffentlicht Knorkator insgesamt 10 Studioalben, 3 DVDs und etliche Singles bei Universal, Nuclear Blast, Sanctuary, bzw. dem eigenen Label Tubareckorz. Ab Juni 2022 gibt es monatlich alle bisherigen Tonträger der Band als Vinyl Re-Releases. Neues Remastering und neue Booklets des Grafikers Thomas Buchta sorgten für einen Wiedereinstieg in die Charts.
The Schlechtst of / 1997 Rod Rec
Hasenchartbreaker / 1999 Mercury Records
Tribute to uns selbst / 2000 Mercury Records
Ich hasse Musik / 2003 Sanctuary & Neue Zeiten
Zu alt / 2005 (DVD) Nuclear Blast
Das nächste Album aller Zeiten / 2007 Nuclear Blast’
Weg nach unten / 2008 (DVD) Tubareckorz
Es werde Nicht / 2011 Tubareckorz
Weltuntergang, alles muss raus / 2012 Tubareckorz
We want Mohr / 2014 Tubareckorz
Knorkatourette / 2015 (DVD) Tubareckorz
Ich bin der Boss / 2016 Tubareckorz
Widerstand ist zwecklos / 2019 Tubareckorz
Sieg der Vernunft / 2022 Tubareckorz